Der TSV Pfungstadt sorgte am vergangenen Sonntag für die größte Überraschung in der Landesliga, in dem man auswärts den Meisterschaftsfavoriten SG Rot-Weiss Babenhausen mit 31:32 (19:18) bezwang. Über die gesamte Spielzeit war der TSV dem ambitioniertem Gastgeber ebenbürtig, in der 50. Minute führte man sogar mit 6 Toren ehe man am Ende beinahe den Sieg verschenkte. Zwei Sekunden vor Spielende trifft Kapitän Max Damm ins leere Tor der Babenhäuser und wird zum Matchwinner.
Nach dem überzeugenden Heimspiel gegen Gelnhausen II wollte der TSV Pfungstadt endlich auch auswärts nachlegen. Auch wenn dieses Unterfangen alles andere als einfach werden würde, glaube die Mannschaft an ihre Möglichkeit einer Überraschung. Der TSV war die tonangebende Mannschaft der ersten Viertelstunde. Über die Spielstände 4:5 (5 Min.), 7:9 (10 Min.) und 9:10 (15. Min.) gelang es dem TSV dem Gastgebern Paroli zu bieten. Der TSV hatte Babenhausens gefährlichsten Akteur S. Brandt sehr gut abgeschirmt, hatte jedoch in der ersten Halbzeit große Probleme mit Spielmacher M. Geissler, der einige Male sehenswert einnetzen konnte. Babenhausen bekam Oberwasser und drehte das Spiel zu seinen Gunsten. Pfungstadts Abwehr stand insbesondere im Innenblock einige Male zu passiv, so dass Babenhausen in der 25. Minute selbst mit 16:14 in Führung gehen konnte. Zum Glück fand man im Angriff gute Lösungen gegen die offenstehende Abwehr der Gastgeber. Der TSV-Rückraum um Michael Kübler, Joschka Jankovic, Tim Rinschen und Max Damm hatte an diesem Tag ordentlichen Zug zum Tor und bereitete der SG-Defensive einige Probleme. Beim Spielstand von 19:18 für Babenhausen ging es in die Pause.
Der TSV stellte nun seine Abwehr um, Tim Rinschen wurde auf die Spitze der 5:1-Abwehr beordert und sollte sich um den bis dahin gefährlichen Geissler kümmern. Außerdem ging der junge Lukas Baumung ins TSV-Gehäuse. Diese Maßnahmen trugen Früchte. Geissler & Co. hatten nun deutlich mehr Probleme zum Torerfolg zu kommen und wenn Babenhausen die Lücke fand, war Lukas Baumung zur Stelle. Die 20 Minuten der zweiten Halbzeit waren zeitgleich die beste Phase des TSV Pfungstadt. Im Angriff führten Tim Rinschen und Michael Kübler intelligent Regie, außerdem war der TSV an diesem Abend von jeder Position gefährlich und schwer für den Gegner auszurechnen. In der 40. Minute fiel Michael Kübler nach einem Schlag ins Gesicht für den Rest der Partie aus. Doch auch davon ließ sich der TSV nicht beeindrucken, Pfungstadt deckte aggressiv und setzte sich in der 51. Minute vorentscheidend mit 25:31 ab. Das sollte es doch gewesen sein, sollte man meinen.
Doch dann nahm das Spiel eine unerwartete Wende. Tim Rinschen bekam in der 52. Minute zu Recht glatt rot, nachdem er S. Hollnack beim Gegenstoß gefoult hatte. In Unterzahl agierend, bekam der TSV nun Probleme gegen die offensive SG-Abwehr (mit 2 Vorgezogenen). Babenhausen verkürzte in der 55. Minute auf 28:31 und witterte seine Chance. Als dann noch Max Damm eine Zeitstrafe kassierte und der TSV erneut in Unterzahl war, begann im Angriff das große Zittern. Pfungstadt schenkte fahrlässig die Bälle mit einigen unnötigen technischen Fehlern und Fehlpässen, Babenhausen verkürzte Tor um Tor. Pfungstadt fehlten die Alternativen und es fand sich plötzlich keiner auf dem Feld, der die Verantwortung übernehmen wollte. Der TSV war völlig verunsichert, während Babenhausen plötzlich lautstark von den eigenen frenetischen Fans nach vorne angepeitscht wurde. Als in der 58. Minute M. Ratley für den Ausgleich zum 31:31 sorgte, stand die Halle Kopf. Es schien als würde der verunsicherte TSV nun die Partie komplett aus der Hand geben.
Doch der TSV kämpfte und gab sich nicht geschlagen. 90 Sekunden von Spielende holte Max Damm im Angriff eine Zeitstrafe heraus, Ratley musste auf die Bank. Die Überzahlsituation nutzte Premyslav Jagla aus und netzte zur 31:32 Führung für Pfungstadt aus. Babenhausens starker Individualkönner S. Brandt holte trotz Unterzahl einen 7-Meter raus, den der junge C. da Silva eiskalt verwandelte. Es waren noch 30 Sekunden zu spielen und Pfungstadt hatte bei einem Mann mehr den vermutlich letzten Angriff des Spiels. Doch statt den Angriff bis zum Schluss auszuspielen, suchte der TSV sofort den Zug zum Tor. Max Damm tankte sich durch und wurde gefoult, doch die beiden Unparteiischen ließen den Pfiff aus. Babenhausens Trainer O. Schulz nahm sofort die Auszeit und bereitete seine Mannen auf den letzten Angriff. Plötzlich hatte Babenhausen die Gelegenheit den Siegtreffer zu markieren. Babenhausens Verantwortliche setzten alles auf eine Karte, in dem man den Torhüter zu Gunsten eines weiteren Feldspielers herausnahm. Babenhausens Linkshänder P. Grimm nahm sich den letzten Wurf, Lukas Baumung parierte glänzend und der Abpraller landet in die Hände von Max Damm. Dieser wirft zwei Sekunden vor dem Ende aus der eigenen Hälfte ins verwaiste Tor Babenhausens und tritt Millisekunden vor der Sirene tatsächlich noch zum 31:32 Sieg für Pfungstadt und wurde von den eigenen Spielern „begraben“. Ein am Ende glücklicher Sieg für den TSV, jedoch vom Spielverlauf her keinesfalls unverdient. Pfungstadt feierte mit seinen Anhängern ausgelassen den Auswärtscoup und setzt sich erst einmal im oberen Tabellendrittel fest.
„Ich habe selten so einen Spielverlauf gesehen, das war echt nichts für schwache Nerven. Aber genau für solche Spiele spielt man Handball, das Spiel bleibt uns lange in Erinnerungen. Das wichtigste war, dass die Spieler an die Möglichkeit hier zu gewinnen geglaubt haben und dass wir zur Halbzeit noch voll im Spiel waren. Wir wussten aber auch, dass wir in der 2. Halbzeit nicht noch einmal 19 Gegentore kassieren dürfen, wenn wir gewinnen wollen. Deshalb haben wir es mit Tim auf der 5:1 versucht, das hat sehr gut funktioniert. Und Lukas im Tor war da, wenn wir ihn gebraucht haben. In der 51. Minute bei +6 hatte keiner mehr an den Sieg gezweifelt. Und dann kam die rote Karte von Tim. Ich bin mir sicher, dass am Ende nichts anbrennen würde, wenn er die rote nicht kassiert und wir dann in Folge drei Zeitstrafen absitzen. Durch unsere Blödheit holen wir Babenhausen wieder ins Spiel. Bei so einer Spielwende ist es nicht unüblich, dass man es am Ende mit leeren Händen dasteht. Aber ich denke, dass wir uns das Quäntchen Glück auch ein Stück weit verdient und erzwungen haben, weil wir über 60 Minuten gesehen die bessere Mannschaft waren. Über den letzten Wurf muss man nicht viel sagen, außer dass man ihn auch ohne aufzusetzen ins Tor werfen kann.“, so das schmunzelnde Fazit von TSV-Trainer Mario Ubiparip.
Torschützen für den TSV Pfungstadt:
Joschka Jankovic 6, Michael Kübler 5, Tim Rinschen 5, Max Damm 5, Bogdan Drašković 5/2, Yasar Cinko 3, Premyslav Jagla 1, Sebastian Haas 1, Patrick Dold 1, Marc Ständner.
Zeitstrafen: Babenhausen (6 Minuten), TSV (10 Minuten, direkt rot für T. Rinschen)
7-Meter: Babenhausen (10/9), TSV (7/6)